Nonlinear Dynamics at the Free University Berlin

Winter 2012/2013

V 19011: Analysis I

Prof. Dr. Bernold Fiedler

Übungen: Dr. Stefan Liebscher


Willkommen...

... an der Universität und willkommen in der Mathematik!

Wir werden zusammen Analysis machen. Das ist im wesentlichen der Versuch, dem Unendlichen mit unserem recht endlichen Verstand das ein oder andere Schnippchen zu schlagen. Das geht schon bei den natürlichen Zahlen los und hat Folgen im Kontinuum für Grenzwerte, Differentiation und Integration in einer und mehreren Variablen. Und das sind Grundlagen für praktisch alles, was über abzählende Buchhaltung hinausreicht. Selber interessiert mich vor allem Dynamik, also alles was sich bewegt.

Und wozu soll das gut sein? In der außermathematischen Anwendung reichen meine Interessen ungefähr von Halbleiterlasern bis zu kosmologischen Modellen. Dabei geht es mir aber nicht darum, dies oder jenes System zu modellieren oder bis ins Koma immer wieder zu simulieren. Vielmehr will ich verstehen, warum diese und jene Gleichung, woher sie auch kommt, dies tut und nicht jenes. So können wir wenigstens einen kleinen Beitrag zur Zusammenschau des verwirrenden Scheins dieser Welt leisten - sicher mühsam, aber in der kristallinen und dauerhaften Form der Mathematik. Warum das allerdings immer wieder klappt, weiß keiner.

Ach ja, und unsere wunderbaren Klausuren: lassen Sie sich nicht schulmeistern! Glauben Sie bitte nicht an Noten. Was einer in Zwangsklausuren abfragen kann, ist wohl kaum wert, dass ich es lehre. Sie sind an einer Universität und da sollen Sie wenigstens eines lernen: frei zu entscheiden was Sie wirklich interessiert - und was eben nicht. Meine wichtigste Entscheidung: zu lehren was vielleicht wert ist zu bleiben. Aber Sie allein, und nicht die Klausuren, wählen was Sie wirklich aus Überzeugung lernen. Und nur das wird in Zukunft leben!

Bernold Fiedler


Termine

Vorlesung:
Dienstag & Donnerstag, 10-12, Arnimallee 22, Großer Hörsaal
Achtung: an den Tagen 06.12., 07.02., 14.02. Arnimallee 22, Hörsaal A (Vorklinik)
Übungsgruppen:
Montag, 10-12, Arnimallee 6, SR 007/008 (Markus Penner)
Montag, 10-12, Arnimallee 6, SR 032 (Konstantin Bubolz)
Montag, 14-16, Arnimallee 6, SR 032 (Konstantin Bubolz)
Dienstag, 14-16, Königin-Luise-Str. 12-16a, Kleiner Hörsaal, Foyer linkerhand (Wilhelm Neubert)
Mittwoch, 12-14, Arnimallee 6, SR 007/008 (Wilhelm Neubert)
Donnerstag, 12-14, Arnimallee 7, SR E.31 (Markus Penner)
Donnerstag, 14-16, Arnimallee 3, HS 001 (Maikel Nadolski)
Freitag, 10-12, Arnimallee 3, SR 119 (Maikel Nadolski)
Zentralübung (ohne Anwesenheitspflicht)
Extratermin zur Nachklausur-Vorbereitung: Dienstag 26.3.2013, 12-14 Uhr, Arnimallee 7, Raum 130
Ein weiterer Termin zwischen dem 2.4. und 5.4. wird stattfinden und noch detaillierter angekündet werden
Klausur:
Dienstag, 12. Februar 2013, 10-12, Arnimallee 22, Großer Hörsaal
Nachklausur:
Dienstag, 09. April 2013, 10-12, Arnimallee 3, HS 001 (Vorsicht, Raum hat sich geändert!)
Klausureinsicht Extratermin
Mittwoch, 20.2.13, 12-14, Arnimallee 7, Raum 130
Nachklausureinsicht
Mittwoch, 17.4.13, 12-14, Arnimallee 3, HS 001

Klausurergebnisse

Die Klausurergebnisse werden im Laufe der naechsten Woche per email verschickt an alle, die in der Klausur, dem KVV oder dem Campusmanagement eine valide emailaddresse eingetragen haben. Alle anderen koennen entweder zur 2. Klausureinsicht erscheinen oder muessen sich eine Woche gedulden, bis wir uns eine Loesung ueberlegt haben.

Jeder, der sich im Campusmanagement eingetragen hat und weder zur Klausur erschienen ist noch ein Attest vorlegt, gilt als duch die Klausur gefallen. Atteste, Krankschreibungen, etc. koennen bis zum 1.3.2013 bei Ulrike Geiger zu ihren Sprechzeiten vorgelegt werden (vorsicht: in den Semesterferien gelten geaenderte Sprechzeiten).

Die Teilnahme an der Nachklausur zur Notenverbesserung ist zulaessig.

Der Notenschnitt ist abhaengig vom Studiengang. Es gibt einen Schnitt fuer Mathematik Monobachelor Studenten und einen Schnitt fuer alle anderen (Lehramt, Kombibachelor, andere Faecher). Es gab insgesamt 64 Viertel-Punkte zu erreichen. Folgendes ist der Schnitt:

Note:/Studiengang: 5.0 4.0 3.7 3.3 3.0 2.7 2.3 2.0 1.7 1.3 1.0
Mono-Bachelor Mathematik 0-19 20-25 26-28 29-31 32-34 35-37 38-40 41-43 44-46 47-49 50-64
Anderer Studiengang 0-14 15-20 21-23 24-26 27-29 30-32 33-35 36-38 39-41 42-44 45-64

Wer unter 40 Viertel-Punkten erreicht hat und plant, die Analysis II zu hoeren, sollte nach Moeglichkeit in der Vorlesungsfreien Zeit etwas wiederholen. Nur weil die Klausur bestanden wurde, heisst dies noch nicht das der Stoff verstanden ist, insbesondere in Anbetracht des sehr kulanten Notenschnitts!

Die Ergebnisse derjenigen, die die Erlaubnis zur Veröffentlichung gegeben haben (PDF)

Nachklausurergebnisse

Der Notenschnitt war genau so wie in der Hauptklausur. Die Ergebnisse derjenigen, die die Erlaubnis zur Veröffentlichung gegeben haben (PDF)

Inhalt

Die Analysis ist eine der beiden wesentlichen Einführungsvorlesungen der Mathematik. Im Vorlesungszyklus Analysis I-III geht es um vollständige Induktion, Konvergenz, Folgen und Reihen, Kompaktheit, Differentiation und Integration, Transformationssätze, Sätze über implizite Funktionen und vieles mehr. Das ist Handwerkszeug, ohne das kein Mathematiker auskommt. Wirklich erlernt wird das Handwerk aber erst durch das Lösen der Übungsaufgaben und den Besuch der Gruppen!

Literatur

  1. H. Amann, J. Escher: Analysis 1, Birkhäuser Verlag, 1998
  2. R. Courant: Vorlesungen und Differential- und Integralrechnung, Springer, 1984
  3. O. Forster: Analysis 1, Vieweg, Wiesbaden, 1983
  4. H. Heuser: Lehrbuch der Analysis I, Teubner, Stuttgart, 1984
  5. S. Hildebrandt: Analysis 1, Springer Verlag, 2002
  6. K. Königsberger: Analysis 1, Springer Verlag, 1990
  7. S. Lang: Analysis I, Inter European Editions, Amsterdam, 1977
  8. E.H. Lieb, H. Loss: Analysis, 2nd ed., American Math. Soc., Providence, 2001
  9. W. Rudin: Analysis, Oldenbourg Verlag, München, 1998
  10. W. Walter: Analysis I, Springer Verlag, 1992

und für geschichtlich Interessierte:

  1. O. Becker: Grundlagen der Mathematik, Verlag Karl Alber, Freiburg, 1964
  2. E. Hairer, G. Wanner: Analysis by its History, Springer, 2000
  3. V.J. Katz: A History of Mathematics, Harper Collins, New York, 1993

Übungsblätter

  1. Blatt, Abgabe am 25.10.2012, 14:00 (PDF)
  2. Blatt, Abgabe am 01.11.2012, 14:00 (PDF)
  3. Blatt, Abgabe am 08.11.2012, 14:00 (PDF)
  4. Blatt, Abgabe am 15.11.2012, 14:00 (PDF)
  5. Blatt, Abgabe am 22.11.2012, 14:00 (PDF)
  6. Blatt, Abgabe am 29.11.2012, 14:00 (PDF)
  7. Blatt, Abgabe am 06.12.2012, 14:00 (PDF)
  8. Blatt, Abgabe am 13.12.2012, 14:00 (PDF)
  9. Blatt, Abgabe am 20.12.2012, 14:00 (PDF)
  10. Weihnachtsaufgaben, Abgabe am 10.01.2013, 14:00 (PDF)
  11. Blatt, Abgabe am 17.01.2013, 14:00 (PDF)
  12. Blatt, Abgabe am 24.01.2013, 14:00 (PDF)
  13. Blatt, Abgabe am 31.01.2013, 14:00 (PDF)
  14. Letztes Blatt, Abgabe am 07.02.2013, 14:00 (PDF)

Die aktive Teilnahme an der Vorlesung umfasst die Bearbeitung von, im Mittel, mindestens 2 Aufgaben pro Übungszettel sowie die korrekte Lösung wenigstens einer. Die Bearbeitung/Abgabe kann (und sollte) in 2-Personen-Teams erfolgen. Für den erfolgreichen Abschluss des Moduls ist ferner das Bestehen der Klausur am Ende der Vorlesung nötig.

Alle Aufgaben sind Klausur-relevant.

Eine Beispielklausur findet sich hier.

Die Tutoren-Fächer befinden sich im 1. Obergeschoss der Arnimallee 3 (Bibliotheksaufgang).


Kernfragen zur Vorlesung

  1. Kapitel "Zahlen" (PDF)
  2. Kapitel "Folgen und Reihen" (PDF)
  3. Kapitel "Stetigkeit" (PDF)
  4. Kapitel "Differentiation" (PDF)(Vorsicht, die Kernfragen wurden für die Nachklausur am 22.03.2013 geupdated)
  5. Erinnerung: Griechisches Alphabet

Links


References

Dedekind - Was sind und was sollen die Zahlen

Worte zur Mathematik

C.F. Gauss an Sophie Germain (April 1807):
Mais comment Vous décrire mon admiration et mon étonnement, en voïant se metamorphoser mon correspondant estimé Mr. Leblanc en cet illustre personnage, qui donne un exemple aussi brilliant de ce que j’aurois peine de croire. Le goût pour les sciences abstraites en general et surtoût pour les mysteres des nombres est fort rare: on ne s’en etonne pas; les charmes enchanteurs de cette sublime science ne se decelent dans toute leur beauté qu’à ceux qui ont le courage de l’approfondir. Mais lorsqu’une personne de le sexe, qui, par nos moeurs et par nos prejugés, doit rencontrer infiniment plus d’obstacles et de difficultés, que les hommes, à se familiariser avec ces recherches epineuses, sait neansmoins franchir ces entraves et penetrer ce qu’elles ont de plus caché, il faut sans doute, qu’elle ait le plus noble courage, des talents tout à fait extraordinaires, le génie superieur. En effet rien ne pourroit me prouver d’une maniere plus flateuse et moins equivoque, que les attraits de cette science, qui a embelli ma vie tant de jouissances ne sont pas chimeriques, que la predilection, dont Vous l’avez honorée.

Doch wie kann ich Ihnen meine Bewunderung und Überraschung beschreiben, als ich bemerkte, dass mein geschätzter Korrespondent Monsieur Le Blanc sich in diese erlauchte Persönlichkeit verwandelte, welches ein vortreffliches Beispiel dafür darstellt, was mir so schwer zu glauben fällt. Der Geschmack an den abstrakten Wissenschaften im Allgemeinen und an den Geheimnissen der Zahlen im Besonderen ist äußerst selten, darüber braucht man sich nicht zu wundern: Die angenehmen Zauber dieser erhabenen Wissenschaft enthüllen sich in ihrer umfassenden Schönheit nur denjenigen, die den Mut haben, sie zu ergründen. Wenn aber eine Person des anderen Geschlechts, welche durch unsere Sitten und durch unsere Vorurteile, auf unendlich mehr Hindernisse und Schwierigkeiten stoßen muss als die Männer, um sich mit ihrer Erforschung vertraut zu machen, es dennoch versteht, diese Hürden zu nehmen und zu den Geheimnisse vorzudringen, die sich dahinter verbergen, dann besitzt sie ohne Zweifel den edelsten Mut, die außergewöhnlichsten Talente, einen überlegenen Geist. In der Tat, nichts konnte mir auf angenehmere und eindeutigere Art beweisen, dass die Reize dieser Wissenschaft, die mein Leben mit so vielen Freuden verschönert haben, nicht eingebildet sind, als die Vorliebe, mit der Sie sie beehrt haben.
C.F. Gauss im Vorwort zu Eisenstein, Mathematische Abhandlungen (Berlin, 1847):
Die Höhere Arithmetik bietet einen unerschöpflichen Reichthum an interessanten Wahrheiten dar, und zwar an solchen, die nicht vereinzelt, sonder in innigem Zusammenhange stehen, und immer neue, ja unerwartete Verknüpfungen erkennen lassen, je weiter die Wissenschaft sich ausbildet. Ein großer Theil ihrer Lehren gewinnt auch einen neuen Reiz durch die Eigenthümlichkeit, daß gewichtige Lehrsätze in einfach ausgeprägtem Inhalt uns leicht durch Induction zugeführt werden, deren Begründung doch so tief liegt, daß man erst nach vielen vergeblichen Versuchen dazu gelangt, und dann meistens auf beschwerlichen künstlichen Wegen, während die einfacheren Methoden lange verborgen bleiben. Auch auf dem Felde der transcendenten Funktionen fehlt es nicht an ähnlichen Reizen und Erscheinungen.
C.F. Gauss, Theoria residiorum biquadraticorum Commentatio secunda; Werke, Bd. 2 (Goettingen, 1863), p. 177:
Hat man diesen Gegenstand [der imaginären Größen] bisher aus einem falschen Gesichtspunkt betrachtet und eine geheimnisvolle Dunkelheit dabei gefunden, so ist diess großentheils den wenig schicklichen Benennungen zuzuschreiben. Hätte man +1, -1, Wurzel(-1) nicht positive, negative, imaginäre (oder gar unmögliche) Einheit, sondern etwa directe, inverse, laterale Einheit genannt, so hätte von einer solchen Dunkelheit kaum die Rede sein können."
G.F.W. Hegel, Phänomenologie des Geistes:
Was die/mathematischen/Wahrheiten betrifft, so würde noch weniger der für einen Geometer gehalten werden, der die Theoreme Euklids/auswendig/wüßte, ohne ihre Beweise, ohne sie, wie man im Gegensatze sich ausdrücken könn[t]e,/inwendig/zu wissen. ...
    Im mathematischen Erkennen ist die Einsicht ein für die Sache äußerliches Tun; es folgt daraus, daß die wahre Sache dadurch verändert wird. Das Mittel, Konstruktion und Beweis, enthält daher wohl wahre Sätze; aber ebensosehr muß gesagt werden, daß der Inhalt falsch ist. Das Dreieck wird ... zerrissen und seine Teile zu anderen Figuren, die die Konstruktion an ihm entstehen läßt, geschlagen. Erst am Ende wird das Dreieck wiederhergestellt, um das es eigentlich zu tun ist, das im Fortgange aus den Augen verloren wurde und nur in Stücken, die anderen Ganzen angehörten, vorkam. — Hier sehen wir also auch die Negativität des Inhalts eintreten, welche eine Falschheit desselben ebensogut genannt werden müßte als in der Bewegung des Begriffs das Verschwinden der festgemeinten Gedanken.
    Die eigentliche Mangelhaftigkeit dieses Erkennens aber betrifft sowohl das Erkennen selbst als seinen Stoff überhaupt. — Was das Erkennen betrifft, so wird fürs erste die Notwendigkeit der Konstruktion nicht eingesehen. Sie geht nicht aus dem Begriffe des Theorems hervor, sondern wird geboten, und man hat dieser Vorschrift, gerade diese Linien, deren unendlich andere gezogen werden könnten, zu ziehen, blindlings zu gehorchen, ohne etwas weiter zu wissen, als den guten Glauben zu haben, daß dies zur Führung des Beweises zweckmäßig sein werde. Hintennach zeigt sich denn auch diese Zweckmäßigkeit, die deswegen nur eine äußerliche ist, weil sie sich erst hintennach beim Beweise zeigt. — Ebenso geht dieser einen Weg, der irgendwo anfängt, man weiß noch nicht in welcher Beziehung auf das Resultat, das herauskommen soll. Sein Fortgang nimmt/diese/Bestimmungen und Beziehungen auf und läßt andere liegen, ohne daß man unmittelbar einsähe, nach welcher Notwendigkeit; ein äußerer Zweck regiert diese Bewegung.
    Die/Evidenz/dieses mangelhaften Erkennens, auf welche die Mathematik stolz ist und womit sie sich auch gegen die Philosophie brüstet, beruht allein auf der Armut ihres/Zwecks/und der Mangelhaftigkeit ihres/Stoffs/und ist darum von einer Art, die die Philosophie verschmähen muß. — Ihr/Zweck/oder Begriff ist die/Größe/. Dies ist gerade das unwesentliche, begrifflose Verhältnis. Die Bewegung des Wissens geht darum auf der Oberfläche vor, berührt nicht die Sache selbst, nicht das Wesen oder den Begriff und ist deswegen kein Begreifen. — Der/Stoff/, über den die Mathematik den erfreulichen Schatz von Wahrheiten gewährt, ist der/Raum/und das/Eins/. Der Raum ist das Dasein, worein der Begriff seine Unterschiede einschreibt als in ein leeres, totes Element, worin sie ebenso unbewegt und leblos sind. Das/Wirkliche/ist nicht ein Räumliches, wie es in der Mathematik betrachtet wird; mit solcher Unwirklichkeit, als die Dinge der Mathematik sind, gibt sich weder das konkrete sinnliche Anschauen noch die Philosophie ab. In solchem unwirklichen Elemente gibt es denn auch nur unwirkliches Wahres, d.h. fixierte, tote Sätze; bei jedem derselben kann aufgehört werden; der folgende fängt für sich von neuem an, ohne daß der erste sich selbst zum ändern fortbewegte und ohne daß auf diese Weise ein notwendiger Zusammenhang durch die Natur der Sache selbst entstünde. — Auch läuft um jenes Prinzips und Elements willen — und hierin besteht das Formelle der mathematischen Evidenz — das Wissen an der Linie der/Gleichheit/fort. Denn das Tote, weil es sich nicht selbst bewegt, kommt nicht zu Unterschieden des Wesens, nicht zur wesentlichen Entgegensetzung oder Ungleichheit, daher nicht zum Übergange des Entgegengesetzten in das Entgegengesetzte, nicht zur qualitativen, immanenten, nicht zur Selbstbewegung. Denn es ist die Größe, der unwesentliche Unterschied, den die Mathematik allein betrachtet. Daß es der Begriff ist, der den Raum in seine Dimensionen entzweit und die Verbindungen derselben und in denselben bestimmt, davon abstrahiert sie; sie betrachtet z.B. nicht das Verhältnis der Linie zur Fläche; und wo sie den Durchmesser des Kreises mit der Peripherie vergleicht, stößt sie auf die Inkommensurabilität derselben, d.h. ein Verhältnis des Begriffs, ein Unendliches, das ihrer Bestimmung entflieht.
    Die immanente, sogenannte reine Mathematik stellt auch nicht die/Zeit/als Zeit dem Räume gegenüber, als den zweiten Stoff ihrer Betrachtung. Die angewandte handelt wohl von ihr, wie von der Bewegung, auch sonst anderen wirklichen Dingen; sie nimmt aber die synthetischen, d.h. Sätze ihrer Verhältnisse, die durch ihren Begriff bestimmt sind, aus der Erfahrung auf und wendet nur auf diese Voraussetzungen ihre Formeln an. Daß die sogenannten Beweise solcher Sätze, als der vom Gleichgewichte des Hebels, dem Verhältnisse des Raums und der Zeit in der Bewegung des Fallens usf., welche sie häufig gibt, für Beweise gegeben und angenommen werden, ist selbst nur ein Beweis, wie groß das Bedürfnis des Beweisens für das Erkennen ist, weil es, wo es nicht mehr hat, auch den leeren Schein desselben achtet und eine Zufriedenheit dadurch gewinnt. Eine Kritik jener Beweise würde ebenso merkwürdig als belehrend sein, um die Mathematik teils von diesem falschen Putze zu reinigen, teils ihre Grenze zu zeigen und daraus die Notwendigkeit eines anderen Wissens. — Was die/Zeit/betrifft, von der man meinen sollte, daß sie, zum Gegenstücke gegen den Raum, den Stoff des ändern Teils der reinen Mathematik ausmachen würde, so ist sie der daseiende Begriff selbst. Das Prinzip der/Größe/, des begrifflosen Unterschiedes, und das Prinzip der/Gleichheit/, der abstrakten unlebendigen Einheit, vermag es nicht, sich mit jener reinen Unruhe des Lebens und absoluten Unterscheidung zu befassen. ...
F. Schiller, aus Deutsches Wörterbuch, Stichwort "tüchtig", Jacob und Wilhelm Grimm; Bd. 22, Sp. 1508 (Leipzig, 1864-1961):
Einem ist sie (die Wissenschaft) die hohe, die himmlische Göttin, dem anderen eine tüchtige Kuh, die ihn mit Butter versorgt.

Bilder zur Mathematik


Yang Hui's triangle Reflection in the sphere

switch Last change: Apr. 10, 2013
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